Theorie & Praxis: Fragebogen
forum:logopädie Jg. 38 (1) Januar 2024

Fragen zur Logopädie

Brauchen wir eine gemeinsame Identität in der Logopädie?Und wenn ja: Was ist das Gemeinsame und Wesentliche in der Vielfalt?forum:logopädie stellt seinen Leser*innen Fragen zu ihrer Sicht auf die berufliche Identität in der Logopädie.
Silvia Gosewinkel erwarb 2009 ihr Staatsexamen am Uniklinikum Aachen und schloss ihr Bachelorstudium an der RWTH Aachen an. Darauf folgte der Masterabschluss 2015 an der EUFH med in Rostock. Nebenbei war sie in einer logopädischen Praxis in Köln tätig. Von 2015-2017 leitete sie die Lehrpraxis an der EUFH med in Rostock und war im Anschluss Studiengangskoordinatorin an der Hochschule für Gesundheit in Bochum. Seit 2022 ist sie als Landtagsabgeordnete in NRW im Ausschuss Schule & Bildung und Integration tätig.
Lesezeit: ca. 3 Minuten
Silvia Gosewinkel

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1 Halten Sie sich für eine typische Logopädin? Warum oder warum nicht?

Ja klar! Mich fasziniert die Förderung der Kommunikation aller Altersgruppen. Mich hat es während der Ausbildung, meines Studiums im Bachelor und Master, immer angespornt, meine therapeutische Arbeit zu verbessern. „Evidenzbasierung“ in Forschung, Lehre und Praxis haben meine unterschiedlichen Tätigkeiten in den letzten 15 Jahren seit meinem Staatsexamen geprägt.

Heute setze ich mich als Landtagsabgeordnete in NRW für strukturelle Verbesserungen für Patient*innen und Kolleg*innen ein. Die Inhalte Sprachentwicklung, Sprachförderung, Mehrsprachigkeit und Erwerb vom Lesen und Schreiben dominieren meine Arbeit im Ausschuss für Schule und Bildung im Landtag. Die Inhalte sind also gleich, der Tätigkeitsort auf eine Zeit ist ein ganz besonderer.

2 Haben Sie logopädische Vorbilder? Und wenn ja, was schätzen Sie besonders?

Mir sind durch meine Tätigkeit an der Hochschule so viele Praxisinhaberinnen und zukünftige Logopäd*innen begegnet. Vorbildlich empfand ich immer, wenn Therapeut*innen achtsam mit den eigenen Ressourcen umgingen. Getreu dem Motto: Wer auf sich selbst achtet, hat auch langfristig die mentale und körperliche Power, für andere da zu sein.

3 Welche Erwartungen haben Sie an sich selbst als Logopäd*in?

Dass ich die Werte und die Ziele der Logopädie nicht aus dem Blick verliere. Dafür schätze ich den Austausch auf verschiedene Art und Weise mit Kolleg*innen aus der Praxis.

4 Wenn Sie an andere Berufe denken, die mit Menschen arbeiten: Was kennzeichnet die Logopädie?

Eindeutig die eigene Kommunikation, die durch Kongruenz geprägt ist. Ich bin stolz, einer empathischen Berufsgruppe anzugehören. Klar sind wir eine im Verhältnis z.B. zu Lehrer*innen kleine Berufsgruppe. Jedoch wissen wir genau, wie eine laute und durchsetzungsfähige Stimme zu erzeugen ist – hier schätze ich lautstarke Kolleg*innen, die diese nutzen.

5 Welche berufliche Hoffnung haben Sie?

Die Anerkennung unserer wichtigen Arbeit in der Gesellschaft und das daraus resultierende Selbstverständnis unserer Berufsgruppe. Der Begriff „Heilhilfsberuf“ ist überholt und ich freue mich über die derzeitige berufspolitische Dynamik zur Vollakademisierung und zumDirektzugang.

6 Was ertragen Sie in der Logopädie nur mit Humor?

Wenn Kinderärzte mir erklären möchten, dass sich die Sprachentwicklungsstörung „verwächst“. Das ist weder wissenschaftlich belegt, noch entspricht es meiner Haltung, mit der Sorge von Eltern umzugehen!

7 Macht Logopädie (Sie) glücklich?

Ja! Ich merke, dass ich bei jedem Gesprächsthema mit Kolleg*innen ein gutes Gefühl habe. Neulich war ich als Landtagsabgeordnete zur Eröffnung einer logopädischen Praxis in meinem Heimatort eingeladen – ein sehr schöner Moment!

8 Meinen Sie, dass Sie ein gemeinsames Verständnis von Logopädie mit vielen Kolleginnen und Kollegen teilen? Wenn ja, welches? Und wenn nein, beunruhigt Sie das?

Ja, den Eindruck habe ich schon, wenngleich die Interessen von Logopäd*innen in den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern (ob selbstständig, angestellt in Praxis oder Klinik oder in Forschung und Lehre tätig) auch unterschiedlich sein können. Das ist in Ordnung, denn jede*r hat seinen Platz.

9 Wenn Sie die Macht hätten, die Ausbildungsordnung neu zu schreiben: Was würde auf jeden Fall darin stehen?

Eine klar geregelte praktische Ausbildung innerhalb der Hochschule, um die externen und internen Evidenzen innerhalb des Hochschulsettings zu reflektieren. Außerdem wünsche ich mir mehr Klarheit für externe Praktika. Das ist eine der berühmten „Handlungstraditionen“, denn wir haben alle diese Praktika durchlaufen. Wenn ich es selbst in der Hand hätte, wären Praktika vergütet und umgesetzt von weitergebildeten Praxisanleiter*innen. Am Ende der Praxisphase stünde die praktische Prüfung als Modulabschluss und ein Teil des Staatsexamens.

10 Gibt es eine Frage, die alle Logopäd*innen mit Ja beantworten sollten?

Fühlen Sie sich gewertschätzt von Patient*innen, von anderen Playern im Gesundheitswesen und von der Gesellschaft?

11 Wenn Sie sich für die berufliche Identität von Kolleg*innen interessieren: Welche Frage würden stellen?

Was hast Du heute für deine therapeutische Psychohygiene getan?

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