Theorie & Praxis: Fragebogen
forum:logopädie Jg. 38 (3) Mai 2024

Fragen zur Logopädie

Brauchen wir eine gemeinsame Identität in der Logopädie? Und wenn ja: Was ist das Gemeinsame und Wesentliche in der Vielfalt? forum:logopädie stellt seinen Leser*innen Fragen zu ihrer Sicht auf die berufliche Identität in der Logopädie.
Lesezeit: ca. 3 Minuten
Marie Orlowski

Wenn der Fragebogen Sie zum Antworten inspiriert, schreiben Sie gerne an redaktion@dbl-ev.de oder kommentieren den Fragebogen im Mitgliederportal wir.dbl-ev.de unter dem Schlagwort „Fragebogen“.

Marie Orlowski schloss ihre Logopädieausbildung 2022 über das Universitätsklinikum Halle (Saale) ab. Seitdem arbeitet sie in einer Praxis in Quedlinburg. Dort versorgt sie Patient*innen mit neurologischen Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen sowie verbalen Entwicklungsdyspraxien, Sprachentwicklungsstörungen und idiopathischem Stottern. Die Logopädin und Sängerin interessiert sich in besonderem Maße für die Arbeit an der Stimme, weshalb das Herzstück ihrer Arbeit in der Zusammenarbeit mit Stimmpatient*innen besteht.

1 Halten Sie sich für eine typische Logopädin? Warum oder warum nicht?

Ja, ich interessiere mich für medizinisches Wissen und die Abläufe verschiedener Wirkmechanismen im menschlichen Körper. Zudem bin ich sehr kommunikativ und der Kontakt und Austausch mit anderen Menschen bereitet mir Freude. Verzwickte Situationen erfordern manchmal unkonventionelle Lösungen, da ist eine kreative und spielerische Haltung hilfreich.

2 Haben Sie logopädische Vorbilder? Und wenn ja, was schätzen Sie besonders?

Ich habe viele Vorbilder, an denen ich ihre unvoreingenommene und wertschätzende Grundeinstellung besonders schätze. Sie gehen neugierig an neue Fragestellungen heran und hinterfragen ihr therapeutisches Handeln. Wie es ihnen gelingt, das Wohlbefinden der Patient*innen im Blick zu haben und viel berufliches Engagement zu zeigen, ohne die eigene Selbstfürsorge aus den Augen zu verlieren, finde ich eindrucksvoll.

3 Welche Erwartungen haben Sie an sich selbst als Logopädin?

Wie der französische Künstler Francis Picabia bereits sagte: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann“, erwarte ich von mir, mein therapeutisches Handeln regelmäßig kritisch zu hinterfragen. Ich möchte flexibel, anpassungsfähig und offen für neue Ansätze sein. Auch wenn das bedeutet, mühselig aufgebaute Hypothesen über Bord zu werfen.

4 Wenn Sie an andere Berufe denken, die mit Menschen arbeiten: Was kennzeichnet die Logopädie?

In der Logopädie wird viel mit Selbstreflexion und Eigenwahrnehmung gearbeitet. So können wir Eigenverantwortung und Selbstfürsorge fördern. Es ist schön zu sehen, dass Patient*innen und Angehörige ab einem gewissen Punkt einen Rucksack voller Interventions- und Übungsinhalte haben, die dann eigenständig angewendet werden können.

5 Welche berufliche Hoffnung haben Sie?

Dass wir Logopäd*innen mehr werden. Die Wartelisten werden länger und der Therapiebedarf scheint stetig zu wachsen. Ich hoffe, dass viele empathische Menschen ihren Weg in dieses spannende Berufsfeld finden.

6 Was ertragen Sie in der Logopädie nur mit Humor?

Wenn ich mich für eine Sekunde umdrehe und das Kind die Zeit nutzt, um sich eine Zauberkugel in die Nase zu stecken.

7 Macht Logopädie (Sie) glücklich?

Absolut. Ich behandle viele verschiedene, spannende Störungsbilder und betreue Patient*innen verschiedenster Altersklassen, was den Beruf sehr abwechslungsreich macht. Auch bekomme ich Einblicke in die Leben anderer Menschen und darf hinter die Fassaden schauen. Neben den Therapiefortschritten begeistern mich auch die persönlichen Geschichten meiner Patient*innen.

8 Meinen Sie, dass Sie ein gemeinsames Verständnis von Logopädie mit vielen Kolleginnen und Kollegen teilen? Wenn ja, welches? Und wenn nein, beunruhigt Sie das?

Die Logopäd*innen, die ich bisher kennenlernte, teilten meist dieselbe empathische Grundhaltung, in der die Unterstützung der Patient*innen an erster Stelle steht.

9 Wenn Sie die Macht hätten, die Ausbildungsordnung neu zu schreiben: Was würde auf jeden Fall darinstehen?

Ich würde Stunden für Selbstfürsorge hinzufügen. Denn ich finde es wichtig zu lernen, wie man mit emotional belastenden Situationen umgeht und sich von besonderen Stimmungen abgrenzen kann.

10 Gibt es eine Frage, die jede Logopädin/jeder Logopäde mit Ja beantworten sollte?

Bist du bereit, Patient*innen und Angehörige auch in für sie emotional belastenden Zeiten zu begleiten?

11 Wenn Sie sich für die berufliche Identität einer Kollegin oder eines Kollegen interessieren: Welche Frage würden Sie ihr oder ihm stellen?

Wie gehst du mit unterschwellig frauenfeindlichen Äußerungen und Kompetenzinfragestellungen von Patient*innen um?

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