Medikamente bei Aphasie

Einführung
Aphasien betreffen ca. 34% der Schlaganfall-Patient*innen (Li et al. 2024) und wirken sich vielfältig auf die Lebensqualität aus (Bueno-Guerra et al. 2024). Trotz evidenzbasierter Methoden persistieren Symptome häufig (Tilton-Bolowsky & Hillis 2024, Vitti & Hillis 2021). Erkenntnisse zu effektverstärkenden Ansätzen beziehen sich z.B. auf Intensivtherapien und den Einsatz nicht-invasiver Hirnstimulation (Berthier & Pulvermüller 2011). Ein dritter, im deutschsprachigen Raum bisher wenig berücksichtigter Ansatz, sind pharmakologische Ansätze Die Sprachtherapie bleibt dabei die zentrale Behandlungsmethode. Jedoch verstärken pharmazeutische Produkte die Therapieeffekte womöglich ergänzend. Auf molekularer Ebene fördern sie die Neuroplastizität, reduzieren die Läsionsgröße, regen den Hirnstoffwechsel an und steigern die Dopamin- und Noradrenalinspiegel (Alizedahet al. 2017, Stockbridge 2022). Kombiniert mit Sprachtherapie, Frequenzsteigerungen und Hirnstimulation werden vermutlich die stärksten Effekte gemessen (z.B.Keser et al. 2017).
Pharmazeutische Kandidaten
SSRIs (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, wie Escitalopram) erscheinen als besonders vielversprechend. Sie werden aktuell in der ersten randomisiert-kontrollierten Studie auf ihre Wirkung auf sprachliche Leistungen in der akuten bis subakuten Phase nach Insult evaluiert (Stockbridge et al. 2021). Dabei wirken sie potenziell zweifach, da sie zum einen die kognitiv-sprachlichen Leistungen und zum anderen als Antidepressivum zusätzlich die Therapieteilnahme auch ohne direktes Vorliegen depressiver Symptome fördern (Stockbridge 2022). Die Studie erfolgt randomisiert, doppelgeblindet, placebokontrolliert und multizentrisch mit 88 Teilnehmer*innen. Untersucht wird, ob die Einnahme von Escitalopram über 90 Tage (10 mg/Tag) die Sprachtherapie durch neuroplastische Effekte unterstützt. Primärer Endpunkt ist die Verbesserung in der Bildbenennung, sekundäre Endpunkte umfassen morphosyntaktische Untersuchungen sowie die funktionelle Bildgebung und genetische Analysen zur Klärung der Wirkmechanismen. Auch für weitere Wirkstoffe werden positive Effekte berichtet, z.B. für Citicolin (Alizedahet al. 2017), Memantin (Berthieret al. 2009) und Dextroamphetamin (Keser et al. 2017). Etwaige Effekte wurden bislang jedoch nicht immer bestätigt (z.B. Stockbridge et al. 2022).